Frühzeitige und regelmäßige ganzheitliche Karieskontrolle
Die Prävalenz approximaler kariöser Läsionen (Karies zwischen den Zähnen) ist gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen immer noch hoch. Die weit verbreitete Anwendung von Fluoriden hat zu einer Verlangsamung des Voranschreitens der Erkrankung geführt, wohl aber nicht zu deren Verhinderung. Für diese Läsionen besteht das Problem, dass non-invasive Maßnahmen, wie z.B. Fluoridierung, oftmals nicht erfolgreich sind, bei einer Füllungstherapie häufig relativ viel gesunde Zahnhartsubstanz geopfert werden muss. Das Prinzip der Kariesinfiltration schließt die Lücke zwischen präventiver und invasiver Therapie bei einer röntgenologischen Kariesausdehnung bis maximal ins erste Dentindrittel bei keiner klinisch sichtbaren Kavitation – Bohren? Nein danke!
Die Herausforderung für den Zahnarzt liegt darin, in regelmäßigen Intervallen durch die Anwendung geeigneter diagnostische Hilfsmittel, Karies rechtzeitig zu erkennen und frühzeitig mit geringstmöglichem Substanzverlust aufzuhalten.
- Regelmäßige Bissflügelaufnahmen, Fluoreszenzmessung, DiagnoCam
In frühen Stadien ist die Karies durch einen Mineralverlust unter der Schmelzoberfläche charakterisiert, während die Zahnoberfläche augenscheinlich intakt bleibt (White Spots). In späteren Stadien der Karies überschreitet der Mineralverlust einen kritischen Wert, und es kommt zum Einbruch der Läsionsoberfläche. Jetzt können Bakterien den Defekt besiedeln und kariogene Biofilme ausbilden; therapeutisch muss nun invasiv eingegriffen werden. Gerade bei approximaler Karies muss jedoch unverhältnismäßig viel gesunde Zahnhartsubstanz geopfert werden, um einen Zugang zu den erkrankten Bereichen zu erhalten. Mittels dem mikro-invasiven Therapieansatz der Kariesinfiltration soll die Karies unter dieser therapeutischen Schwelle gehalten werden bzw. zumindest die deutliche Verlangsamung des Kariesprozesses bewirkt werden. Die Wirksamkeit der Kariesinfiltration wird durch regelmäßiges radiologisches Monitoring, wie es zur korrekten Karieskontrolle sowieso eingesetzt werden sollte, überprüft. Um für Patienten und eventuell nachbehandelnde Kollegen die infiltrierten, aber dennoch radiologisch sichtbaren Läsionen zu dokumentieren und Überbehandlungen zu vermeiden, bekommt der Patient ein kleinen Pass mit den wichtigsten Daten zu den behandelnden Stellen.
Vestibuläre Anwendung – Hilfe bei kieferorthopädischen Nebenwirkungen
Die Indikation für die vestibuläre Infiltration umfasst aktive, nicht-kavitierte kariöse Läsionen, die vom Patienten als ästhetisch störend empfunden werden. Solche Läsionen treten oftmals während der Behandlung mit festsitzenden kieferorthopädischen Apparaturen auf, wenn die durch Brackets erschwerte Reinigung der Glattflächen nicht durch intensivierte Mundhygiene kompensiert wird. Um eine Fixierung dieser Veränderungen zu vermeiden, sollte recht zeitnah nach dem kieferorthopädischen Entbändern gehandelt werden.
Je älter ein vestibulärer White Spot/ Brown Spot ist, umso dicker ist seine pseudointakte Oberflächenschicht. Daher kann es notwendig sein, mehrfach zu ätzen, um die pseudointakte Oberflächenschicht zu entfernen. Ob die Oberflächenschicht durch die Ätzung hinreichend entfernt wurde, lässt sich überprüfen, indem man die zuvor getrocknete Läsion mit Ethanol oder Wasser erneut befeuchtet. Dringt hierbei die Flüssigkeit schnell (wenige Sekunden) in die Läsion ein und führt dabei zu einer zumindest teilweisen Maskierung, so ist dieser Effekt bei Applikation des Kunststoffs auch zu erwarten. Bleiben die Läsionen jedoch weißlich opak, sollte erneut geätzt werden. Bei jedem Ätzvorgang werden etwa 30 Mikrometer Schmelz abgetragen. Bei entwicklungsbedingten Defekten ist die Kariesinfiltration weniger wirksam.
Mit Hilfe der Kariesinfiltration können erste restaurative Interventionen, die immer auch mit der Zerstörung gesunder Zahnhartsubstanz einhergeht, zumindest verzögert werden und damit invasive Maßnahmen in höhere Lebensalter verschoben werden.